Teil 2 zum Industriegebiet Lüdersdorf – Faktencheck

Aktuell

    In Teil 1 haben wir die Schönfärberei der CDU zum Industriegebiet beschrieben. Eine umfassende fachliche und rechtliche Recherche der INI deckt nun auf, dass die angeführten Behauptungen zur Rückzahlung der Förderung und der Größe des Gebiets nicht der Wahrheit entsprechen.

    Seit Jahren werden Bürgermeister Erhard Huzel und seine CDU-Fraktion nicht müde, den Bau des von ihnen befürworteten, sogenannten „Gewerbe- und Industriepark Lüdersdorf“ mit zweifelhafter Argumentation voranzutreiben. Die CDU schreibt:

    „Ein Aspekt, der oft übersehen wird, ist die hohe Förderung [i.H.v. 4,1 Mio. €] mit Landes- und Bundesmitteln [der Erschließungsstraße]. […] Diese Födergelder müssten wir im Falle einer Nichtrealisierung des Gewerbegebiets zurückzahlen.“

    Der INI liegt nach hartnäckigen Recherchen nun der Zuwendungsbescheid des Landes vor. Bei flüchtiger Betrachtung erweckt dieser den Eindruck, dass Fördermittel zurückgezahlt werden müssten, wenn der „Gewerbe- und Industriepark“ nicht gebaut wird. Doch diesen Zusammenhang gibt es nicht!

    Zum Hintergrund

    Dem Verständnis hilft ein Blick in die Bebauungspläne Nr. 12 (Areal Wäscherei/Großbäckerei/Fischverarbeitung) und Nr. 13 (Bereich südlich des Kreisels sowie Erschließungsstraße bis L02). Zu den umstrittenen Planungen zum Industriegebiet entlang der Erschließungsstraße existiert noch kein Bebauungsplan (B-Plan).

    Was genau sind eigentlich B-, F- und L-Pläne?

    Die Bauleitplanung wird auf der Gemeindeebene in mehreren Schritten durchgeführt:

    1. Der Landschaftsplan (L-Plan) ist Grundlage aller weiteren Planungen. Der Plan umfasst eine genaue Bestandsaufnahme des gesamten Gemeindegebietes, in der alle Bauflächen, Landnutzungen und Lebensräume verzeichnet sind. Er stellt dar, wo welche Nutzungen möglich und sinnvoll sind – von der Land- und Forstwirtschaft bis hin zu neuen Baugebieten.
    2. Der Flächennutzungsplan (F-Plan) ist dem L-Plan „untergeordnet“ und detailliert diesen. Als „vorbereitende Bauleitplanung“ umfasst er ebenfalls das gesamte Gemeindegebiet und grenzt ab, wo z.B. Baugebiete entstehen sollen oder wo ein Wald aufzuforsten ist.
    3. Ein Bebauungsplan (B-Plan) stellt die „verbindliche Bauleitplanung“ dar. B-Pläne umfassen nur einzelne Gebiete der Gemeinde und geben dort vor, was in welcher Art und Weise gebaut werden darf. Von der Nutzungsart (Wohnen, Industrie oder Gewerbe) über die Gebäudehöhe bis hin zur Fassadengestaltung, dem Gartenzaun und der Bepflanzung ist dort alles geregelt. Verstöße gegen diese Regelungen können zu empfindlichen Strafen führen.

    Gefördert wurde ausschließlich die Erschließung des bestehenden Gebietes (Bebauungsplan Nr. 12):

    Zuwendungsbescheid Seite 1, Absatz 2
    Der Zuwendungsbescheid erläutert auf Seite 3, was im Detail mit Erschließung gemeint ist.
    Zuwendungsbescheid Seite 3

    Übersetzt bedeutet dies: Es wurde eine Förderung gewährt, um die Straßen innerhalb des bestehenden Gebietes (Gewerbepark Wahrsow/Lüdersdorf, 1. Ausbaustufe, B-Plan 12) zu bauen und durch die Erschließungsstraße an die Landesstraße L02 anzubinden (Kreisel Lüdersdorf). Genau das ist erfolgt, also ist auch nichts zurückzuzahlen. Die Förderung eines Vorhabens (Straße) vom Bau eines weiteren Vorhabens (Industriegebiet) abhängig zu machen, wäre rechtlich gar nicht zulässig.

    Geplant wurde die Erschließungsstraße auf der Grundlage von B-Plan Nr. 13. Auch hier finden sich irreführende Formulierungen, die Zusammenhänge mit einem später zu bauenden Industriegebiet suggerieren. Die Ziele des Plans sind jedoch eindeutig: Zweck der Straße (B-Plan Nr. 13) ist die Erschließung des vorhandenen Gebietes (B-Plan Nr. 12). Sonst nichts!

    Ziele des Bebauungsplans Nr. 13, Seite 5, Ziffer 1.3

    Der Bürgermeister ist Professor für Verwaltungsrecht. Wer, wenn nicht er, sollte einen Zuwendungsbescheid korrekt interpretieren können? Werden die Lüdersdorfer Bürgerinnen und Bürger hier bewusst hinters Licht geführt?

    Flächenwahn

    Auch bei der Größe des geplanten „Gewerbe- und Industrieparks“ täuscht uns die CDU.

    Die CDU schreibt:
    „…ist nicht so groß, wie manche behaupten. Der bebaubare Bereich beschränkt sich auf 40 Hektar,“

    40 Hektar sind eine enorme Größe! Zum Vergleich: Das Baugebiet „Mietenplatz“ würde dort fast sieben Mal hinein passen. 40 Hektar entsprechen ziemlich genau der Fläche aller Neubaugebiete in Herrnburg zusammen oder fast der gesamten Siedlungsfläche von Wahrsow. Jedoch ist fraglich, ob es bei 40 Hektar bleibt.

    Ein Blick in den Flächennutzungsplan der Gemeinde Lüdersdorf offenbart eine ca. doppelt so große Fläche wie auf der CDU-Homepage skizziert:

    Links die Darstellung der 40 ha von der CDU-Homepage, rechts die Darstellung aus dem Flächennutzungsplan. Der westliche Teil des Gebiets fehlt in der CDU-Darstellung.

    Der westliche Teil läge sogar noch deutlich näher an der Wohnbebauung: Die Häuser „Am Brink“ und im Lüdersdorfer Neubaugebiet „Am Graben“ wären in direkter Nähe zum Industriegebiet! Der beliebte Wanderweg von Wahrsow Richtung Wald und weiter nach Duvennest und Schattin würde direkt durch das Industriegebiet führen.

    Einblick in Flächennutzungsplan wird unnötig erschwert

    Es gibt ein landesweites Bauportal, auf dem die Gemeinden Dokumente aus dem Baurecht online verfügbar machen. Ist es ein seltsamer Zufall, dass ausgerechnet der von der INI oben gezeigte F-Plan (1. Änderung) dort fehlt? Andere Orte, um den F-Plan online einzusehen, sind uns nicht bekannt.

    Ergebnisliste Planart „F-Plan“ und Gemeinde „Lüdersdorf“ auf dem Bauportal MV, Screenshot vom 31.05.2024

    Die CDU bezieht sich bei ihren Höhenflügen auf eine Machbarkeitsstudie, die im November 2002 im Auftrag des Amtes Schönberger Land erstellt wurde. Eine über 20 Jahre alte Studie mit längst überholten Fakten, die Aspekte wie Klimawandel, nachhaltiges Wirtschaften, eine weltweite Pandemie sowie die kritischen Nachteile der Flächenversiegelung unberücksichtigt lässt, dient als Begründung dieser Landschaftsvernichtung ungeheuren Ausmaßes! Man kann derartige Planungen nur als Größenwahn bezeichnen!

    Die INI steht für Transparenz und eine umfassende Unterrichtung der Bürgerinnen und Bürger. Geben Sie uns bei der Kommunalwahl am 9. Juni Ihre Stimme, wenn Sie sich Ihre Meinung aufgrund nachvollziehbarer Informationen bilden wollen!