An die hundert Bürgerinnen und Bürger kamen zur letzten Sitzung des Gemeindeparlamentes vor der Sommerpause nach Wahrsow, um die Ansiedlung eines Dorfladens nach dem Konzept von „Tante Enso“ zu unterstützen. Dass sogar einige Kinder dabei waren, merkte auch der Bürgermeister wohlwollend an – dennoch bewog ihn diese Tatsache nicht, der von einer Bürgerin und Mutter vorgeschlagenen deutlichen Vorverlegung des TOPs zuzustimmen. Letztlich landete das Vorhaben nur ein wenig vorgezogen auf Platz 11 der Tagesordnung. Eine Entscheidung für den Neubau eines Jugendclubs wurde vorrangig behandelt, obwohl auch im Rahmen des neuen Vorhabens ein Jugendtreff vorgeschlagen ist und dieser in eine Abwägung hätte einbezogen werden können – ein Schelm wer sich Böses bei dieser Reihenfolge denkt.
Durch ausführliche Erläuterungen und wortwörtliches Vorlesen von Beschlussvorschlägen durch den Bürgermeister wurde die Sitzung für alle Anwesenden zu einem Marathon. Auch fragte man sich, warum eine Bürgerfragestunde auf TOP 2 und nicht nach der Vorstellung von Tante Enso gelegt wurde. Denn dann galt: Redeverbot für das Publikum. Fragen kamen seitens der INI-Gemeindevertreter auf bei der Präsentation eines neuen Baugebiets am Bahnhof Herrnburg. Ökologische Belange wurden nach Meinung der INI hier nicht ausreichend berücksichtigt und die vorgeschriebenen Ausgleichsflächen sollen zum wiederholten Mal aus der Gemeinde bugsiert werden – obwohl Ausgleichsflächen ja gerade die Eingriffe vor Ort für Natur und Mensch ausgleichen sollen.
Vertreter der BümEL-Genossenschaft – die innerhalb kürzester Zeit schon 230 Mitglieder zählt – und von „Tante Enso“ stellten dann zu vorgerückter Stunde ihr Konzept vor und appellierten an die Gemeindevertretung, sich für das Vorhaben einzusetzen, mit dem Tante Enso bereits an über 70 Standorten in Deutschland erfolgreich ist. 600 Personen seien für den Start von Tante Enso erforderlich. Nach turbulenter Debatte – in der sich in einer Pause ein Kompromiss abzeichnete – stimmte die Gemeindevertretung dem Antrag, die Kampagne für Tante Enso zu unterstützen schließlich doch nicht zu. Grund war die Behauptung, Bümel wolle einen bereits am am Lüdersdorfer Kreisel geplanten Norma-Discounter „verhindern“. Tatsächlich aber stellt sich Bümel lediglich als Gegenentwurf zu einem Discounter dar und erhofft sich einen fairen Wettbewerb der Konzepte.
Trotz zugesagter Gesprächsbereitschaft, war es schwer erträglich mitzuerleben, wie der Bürgermeister und die Gemeindevertreter von CDU und AFD Bürgerwillen ignorierten und auf der Ansiedlung eines Norma beharrten – was einem Ausschlusskriterium für Tante Enso gleichkommt. „Norma ist auf der Zielgeraden“ hieß es – dabei hat es weder den Verkauf eines Gemeindegrundstücks noch den Start eines notwendigen Bebauungsplans gegeben. Insbesondere ein B-Plan zieht sich oft über Jahre hin.
Man hätte sich offene Ohren und Unterstützung für dieses innovative Bürgerprojekt gewünscht. So blieb der schale Geschmack zurück, dass hier nur Konzerne und Einzelinvestoren Gehör finden. Eine ernüchternde Veranstaltung, in der die Anwesenden erleben mussten, wie Forderungen der Wirtschaft über das Engagement hunderter Bürgerinnen und Bürger gestellt werden.